Her, Warner Bros. 2014
  • Originaltitel

    Her

  • Regie

    Spike Jonze

  • Buch

    Spike Jonze

  • Darsteller/innen

    Joaquín Phoenix, Scarlett Johansson (Stimme im Original), Rooney Mara, Amy Adams u.a.

  • Land / Jahr

    USA 2013

  • Länge

    126 Min.

  • Format

    digital, Farbe

  • FSK

    ab 12 Jahre

  • FBW

    Prädikat "besonders wertvoll"

  • Sprachfassung

    deutsch, englisch

  • Kinostart

    27.03.2014

  • Verleih

    Warner Bros.

  • Festivals

    Academy Awards 2014: Oscar für das Beste Drehbuch; Goden Globes 2014: Bestes Drehbuch

 
Infobox Her
 

Inhalt

Los Angeles in naher Zukunft: Vor dem Hintergrund einer blass wirkenden Stadt gehen die Menschen einem durch und durch digitalisierten Alltag nach. Sie halten dabei keine Handys und Smartphones in den Händen, sondern tragen kleine Stöpsel in den Ohren. Unter ihnen lebt der einfühlsame und introvertierte Theodore Twombly, der kürzlich von seiner Frau verlassen wurde. Tagsüber schreibt er Briefe für Menschen, die keine Worte für ihre eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen finden. Nachts versucht er, seine Einsamkeit mit Computerspielen und Telefonsex zu stillen. Mit der Installation eines personalisierten Betriebssystems auf seinem Computer beginnt sich alles zu ändern: Samantha, die charmante und attraktive Stimme, liest ihm nicht nur seine Emails vor und sortiert Theodores Dateien und Kontakte. Sie hört ihm zu, stellt Fragen, versteht ihn und ist witzig. Schon bald werden ihre Gespräche länger und tiefgründiger, ihre Beziehung persönlicher und vertraulicher. Dass sie keinen Körper hat, scheint für Theodore dabei nicht von Bedeutung. Im Gegenteil. Samantha ist selbstbewusst und intelligent. Sie hat einen eigenen Willen und ist immer und überall dabei. Glücklich verliebt beginnt sich Theodore von den Menschen um ihn herum abzuheben: Seine Gesichtszüge und Bewegungen sind menschlicher. Seine Beziehung scheint unkomplizierter. Aber auch in seiner Welt scheint das Künstliche am Natürlichsten. Und so wundert es nicht, dass seine Lebensfreude wieder sinkt, als Samantha ihm erklärt, dass sie gleichzeitig mit 8316 anderen Personen spricht und zu 641 von ihnen eine Liebesbeziehung pflegt.

 

Umsetzung

Spike Jonze hat mit HER eine erstaunlich vorstellbare Zukunftsvision geschaffen, die gleich in mehrfacher Hinsicht verblüfft und überzeugt. Bemerkenswert ist nicht nur die außergewöhnliche Liebe zwischen Theodore und Samantha, die sich mit einer Selbstverständlichkeit und Unbefangenheit im Laufe des Films entfaltet. Dank des präzisen Schauspiels von Joaquin Phoenix, der jede noch so kleine Gefühlsveränderung in den unterschiedlichsten Aufnahmen greifbar auf die Leinwand bringt und kraft der Gänsehaut-Stimme von Scarlett Johansson (im Original) erscheint selbst eine Beziehung zu einem körperlosen Wesen über Ohrstöpsel und Brusttaschen-Kamera in offenbarer Natürlichkeit. Überwältigend ist darüber hinaus auch die Darstellung dieser eindrücklichen Zukunftswelt. Der Regisseur wählt unaufgeregte Kamerabewegungen und einen ruhigen Rhythmus, der jeder einzelnen Einstellung Bedeutsamkeit verleiht. Und so tauchen die Zuschauenden schnell ein in diese sacht futuristische Architektur aus blassem Weiß und pastellfarbenen Tupfern, die Leben und Zärtlichkeit in eine entleerte Welt tragen wollen. Die Ort- und Zeitlosigkeit, die diese Bilder generieren, lässt die Figuren in einem Dekor leben, zu dem sie keine Verbindung mehr haben – wie zu der Welt, in der sie leben, und zu den Menschen, die sie umgeben. Alles Virtuelle und Unsichtbare scheint viel näher als das eigentlich Sichtbare und Reale.

 

Anknüpfungspunkte für die pädagogische Arbeit

In Theodores und Samanthas Welt gibt es keine Smartphones und Tablets mehr. Ohrstöpsel mit Spracherkennungsfunktion, Zimmerbeleuchtung, die sich selbstständig ein- und ausschaltet und personalisierte Betriebssysteme führen durch den Alltag. Wird das schon bald auch unsere Zukunft sein? Sitzen wir nicht heute schon wie selbstredend in der Bahn, wenn wir telefonieren? Das Realistische dieser filmischen Zukunftshypothese drängt Fragen auf und stößt Reflexionsprozesse an, die neben möglichen Ausprägungsformen digitaler Kommunikation auch Fragen nach dem (Zwischen-) Menschlichen ansprechen. Thema sind dabei aber nicht nur emotionale Beziehungen zu Computern oder künstlichen Menschen. Auch die Selbst- und Fremdwahrnehmung in einem technologiebasierten Alltag, das Zusammenspiel von virtuellen und realen Identitäten in On- und Offline-Welten, die Gestaltung des Miteinanders in einer Welt mit neuen Zeit- und Raumdimensionen. HER kann in Staunen versetzen – und den ein oder anderen eventuell schockieren – will dabei jedoch keine lähmende Panik verbreiten. Spike Jonze ermuntert uns vielmehr, diese Welt der elektronischen Verbindungen aktiv mitzugestalten, die Machtverhältnisse zwischen Mensch und Technik auszuloten, ein Bewusstsein zu formen, das mit virtuellen Formen von Erkenntnis interagieren kann, ohne dabei die Fragen nach der Menschlichkeit zu vergessen. Wie? Danach müssen wir selber suchen.