
Anders als vermutet werden könnte, schützen inzwischen 87% der Jugendlichen ihre eingestellten Daten durch die so genannte Privacy Option (Privatsphäre-Einstellungen). Mit dieser können sie festlegen, ob und/oder für wen die von ihnen eingestellten Informationen, Bilder oder Nachrichten sichtbar sind, ob ausschließlich für bestimmte Gruppen oder nur für Freunde. 2009 waren es lediglich 46%, ein Effekt der vermutlich auf die intensive öffentliche Debatte zum Thema Datenschutz , nicht zuletzt auch im Zuge der NSA-Affäre, zurückzuführen ist. In den Fokus gerückt ist so auch der Umgang von facebook mit persönlichen Daten. Dabei wird immer wieder kritisch darauf hingewiesen, dass, unabhängig von den Privatsphäre-Einstellungen der einzelnen User, facebook alle Daten einsehen und nutzen kann, die von seinen Nutzer/innen eingetragen werden: Alter, Geschlecht , Wohnort, Geburtstag, Beziehungsstatus, persönliche Interessen und alles was mit einem Click ein like erhält. Diese und andere digitale Spuren, die Nutzer/innen im Netz hinterlassen, können zu komplexen Nutzerprofilen zusammengefügt werden, die für facebook eine wahre Goldgrube darstellen: Personalisierte Werbung ist das zentrale Geschäftsmodell von facebook. Ein Milliardengeschäft, die weltweiten Werbeeinnahmen von facebook stiegen 2012 auf 4,3 Milliarden Dollar! Kritiker/innen warnen davor, dass diese Daten nicht nur für Marketingzwecke verwendet werden könnten. So soll einem Bericht zufolge unter anderem die Wirtschaftsauskunft Schufa in Deutschland Interesse an den Profilen von facebook und Twitternutzern gezeigt haben, um deren Kreditwürdigkeit besser beurteilen zu können. Intensive Proteste konnten diesen Angriff auf die Privatsphäre jedoch verhindern. Und was sagt der Datenschutz dazu? Die gesetzlichen Regelungen für den Datenverkehr in Europa sind veraltet und sollen europaweit reformiert werden. Seit etwa anderthalb Jahren arbeitet die EU an einer Datenschutzverordnung mit der u.a. das »Recht auf Vergessenwerden« (siehe Box) eingeführt werden soll.
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Ein nicht zu unterschätzendes Problem für die Jugendlichen stellt das so genannte Cyber-Mobbing bei facebook dar. 23 % der Jugendlichen geben laut JIM-Studie an, dass jemand in ihrem Bekanntenkreis schon einmal im Internet fertig gemacht wurde, 25 % der Jugendlichen sehen im Cybermobbing eine der größten Gefahren des Internets. Cybermobbing ist ein relativ neues Phänomen. Hierunter versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer im Internet. Dies kann z. B. durch das Einstellen demütigender Texte, Fotos oder Videos geschehen. Bei facebook werden Berichten zufolge sogar eigene Diskussionsrunden gegründet, die ausschließlich der Lästerei über eine bestimmte Person dienen Lehrer/innen oder Mitschüler/innen. Konnte man früher Beleidigungen entkommen, sind diese nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich und deren weitere Verbreitung nur schwer zu kontrollieren. Hinzu kommt, dass die Cyber-Täter/innen die sogenannten Cyber-Bullies ihre Beleidigungen auch gänzlich anonym verbreiten können. Der Leidensdruck der Betroffenen ist dabei erheblich. Was kann man gegen Cyber-Mobbing tun? Verschiedene Organisationen und Initiativen haben hierzu Handlungsleitfäden herausgegeben. Zunächst einmal ist schnelles Handeln gefragt, bevor sich Gerüchte, kompromittierende Fotos oder ähnliches verbreiten können. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend rät: 1. den Vorfall zu dokumentieren, 2. sich an den Betreiber oder an eine Beschwerdehotline zu wenden (z. B. www.jugendschutz.net), 3. Mobbing mit den Tätern/innen oder den Eltern der Täter/innen zu thematisieren.

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Neben diesen problematischen Aspekten der Nutzung von facebook bieten soziale Netzwerke jedoch auch Chancen. So wird auch über die Frage debattiert, ob das Internet und im speziellen soziale Netzwerke einen politischen und gesellschaftlichen Wandel befördern können. Es wird davon ausgegangen, dass Wechselwirkungen zwischen realem und virtuellem Raum tatsächlich einen realen Wandel befördern können. Politische Aktionsnetzwerke wie Avaaz.org oder change.org sind dafür ein gutes Beispiel. Auch in solch virtuellen Netzwerken können sich Menschen als Teil einer sozialen Gruppe erleben. Dieser Prozess wiederum wird verstärkt wie geschehen durch gemeinsame Protestaktionen und Kollektiverlebnisse.
So machten im Jahr 2011 Journalisten facebook zum Namenspatron für die Aufstände in Tunesien und Ägypten, diese wurde als facebook-Revolution bezeichnet. In den beiden nordafrikanischen Ländern hatten sich seiner Zeit viele Demonstranten via facebook zu Protestaktionen verabredet, Nachrichten, Berichte und Gerüchte über die Lage im Land ausgetauscht. Sie stellten Bilder und Videos der Demonstrationen und Polizeigewalt ein, die von Tausenden innerhalb kürzester Zeit verlinkt wurden. facebook-Seiten wie We are all Khaled Said ein junger ägyptischer Internetaktivist, der 2010 Opfer zweier Polizisten wurde befeuerten das Geschehen zusätzlich. Soziale Netzwerke können gerade in Krisensituationen so schnell Nachrichten vermitteln wie kein anderes Medium. Sie erzeugen das Gefühl, unmittelbar dabei zu sein , egal ob in Berlin, Kairo oder Washington. Sie schaffen eine Intensität und Direktheit, mit der nicht einmal das Fernsehen konkurrieren kann.
Die Machthaber in Ägypten fühlten sich im Februar 2011 immerhin derart bedroht durch die oppositionelle Kraft, die sich im Internet formierte, dass sie den Zugang der Einwohner zu facebook, Twitter und Google kurzerhand kappten. Sie wollten so die Kommunikationsmöglichkeiten der Bevölkerung schwächen und eindämmen. Ohne Erfolg allerdings: Die Proteste verlagerten sich zunehmend auf die Straßen und Plätze der Städte, der ägyptische Diktator Husni Mubarak trat schließlich zurück.
Zu guter Letzt
Während man sich im EU-Parlament über die Details einer möglichen Datenschutzreform streitet, spezialisiert facebook seine Datensammlung: Mit der Chronik-Funktion (Timeline) hat facebook nun alle Daten, die die Nutzer/ innen hier jemals eingestellt haben in eine zeitliche Abfolge gebracht. facebook will mit der Chronik eine Art Tagebuch für das gesamte Leben seiner Nutzer/innen bieten. Die User/innen sollen ihren vollständigen Alltag auf facebook erfassen und mit anderen teilen können. Deshalb ist es umso wichtiger, sich vor der Nutzung und Teilnahme an einer Community genau zu überlegen, welche Daten man von sich preisgeben will und wo die eigenen Grenzen liegen: Was sollte privat bleiben? Wie kann ich meine Privatsphäre schützen? Oder auch: Wie komme ich da wieder heraus?