Was sind die großen Visionen der Robotik?
Die Roboter-Forschung konzentriert sich zum einen auf die nahegelegenen Ziele: existierende Roboterprodukte wie z.B. die Roboter-Staubsauger, Rasenmäher o.ä. weiterzuentwickeln oder andere Roboterprodukte zur Marktreife zu bringen und bedienungsfreundlich zu gestalten. Auf der anderen Seite haben einige Forscher_innen ein fernes Ziel im Visier und befinden sich dazu in einem wahren Forschungswettkampf: einen menschengleichen autonomen Roboter zu entwickeln. In Bezug auf das äußere Erscheinungsbild sind schon jetzt die Androiden (besonders menschliche Roboter) des japanischen Forschers Hiroshi Ishiguro kaum mehr vom Menschen zu unterscheiden.Auch die Fortbewegungsfähigkeit wurde in den letzten Jahrzehnten perfektioniert: Zunächst wurden der Körperbau und die Bewegungsabläufe aller möglichen Tierarten entschlüsselt und technisch umgesetzt so können unterschiedliche Roboter bereits kriechen, klettern, fliegen wie ein Kolibri, meterhoch springen oder auf vier Beinen sprinten. Nach langer Entwicklungsarbeit ist nun auch die schwierigste Fortbewegungsform gemeistert: das Gehen auf zwei Beinen. So kann der von Honda entwickelte Asimo (siehe Kasten) bereits über unebenes Gelände laufen und Treppen steigen. Ein Forscherteam der University of Arizona soll gar einen Roboter konstruiert haben, der den Gang des Menschen nicht nur nachahmt, sondern die Steuerung durch das menschliche Gehirn simuliert.
Werden so die Äußerlichkeiten immer menschenähnlicher, steht die Forschung in Anbetracht der großen Komplexität menschlichen Handelns, Fühlens und Denkens doch immer noch vor großen Herausforderungen: Intelligenz (> siehe Kasten künstliche Intelligenz), Sprach- und Objekterkennung, selektive Wahrnehmung und Verstehen, Lernfähigkeit, komplexe Bewegungsabläufe, Gefühle, Selbstbewusstsein oder das, was man gemeinhin als gesunden Menschenverstand bezeichnet.
Es wird jedoch nicht nur davon geträumt, Roboter immer menschenähnlicher zu machen. Vertreter/innen des so genannten Transhumanismus haben die Vision, auch die natürlichen Fähigkeiten des Menschen mithilfe von Wissenschaft und Technik immer weiter auszudehnen und biologisch bedingte Begrenzungen zu überwinden (auch genannt Human Enhancemen menschliche Erweiterung). Transhumanisten gehen davon aus, dass die Kombination von Bio-, Informations- und Nanotechnologie dazu Möglichkeiten bereitstellen wird, die heute noch schwer vorstellbar sind.
Mit welchen Fragestellungen sollten wir uns in Zukunft auseinandersetzen?
In der Robotik steht die Weiterentwicklung von Sicherheit und Zuverlässigkeit von Robotern im Vordergrund. Sollen Roboter mit Menschen in Kontakt kommen, dürfen sie für diese keine Gefahr darstellen. Doch auch in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen beschäftigt man sich mit offenen Fragenstellungen, die im Zuge der rasanten Entwicklungen und den Visionen auf dem Gebiet der Robotik entstehen. So befasst sich die Techniksoziologie unter anderem mit der Frage, wie sich unsere zwischenmenschlichen Beziehungen verändern könnten, wenn Roboter in ferner Zukunft tatsächlich eine fast-menschliche Alternative darstellen. Gesellige Roboter können darauf programmiert werden, Einfühlsamkeit und Empathie zu simulieren und damit zu dem Trugschluss führen, sie seien Lebewesen mit Intentionen, Gefühlen und Autonomie. Was, wenn sich diese Gesellen als unkomplizierter oder fürsorglicher als ihre menschlichen Vorbilder herausstellen? Ebenso fragt sich die Psychologie, welche Effekte es auf die Psyche und Entwicklung haben kann, wenn sich vor allem Kinder an den Umgang mit Robotern gewöhnen.
Die neue Wissenschaftsdisziplin Robotrecht beschäftigt sich mit der Frage, wer verantwortlich gemacht werden sollte, falls Roboter direkt oder indirekt Schaden anrichten. Oder andersherum: mit der Frage, ob intelligente Roboter eigene Rechte erhalten sollten.
Bei allem Staunen über die teils kuriosen Errungenschaften der Robotik werden auch immer wieder nicht nur in der Wissenschaft ganz grundsätzliche Fragen gestellt: Was macht den Menschen menschlich? Brauchen wir wirklich humanoide Roboter? Wollen wir alles, was technisch möglich ist? Wann gehen wir zu weit? Und wenn, wer wird uns stoppen?