Robotik: zwischen Realität und Utopie

Schon seit einem knappen Jahrhundert werden Robotern in Science-Fiction-Filmen allerlei menschliche und übermenschliche Fähigkeiten zugesprochen, was unser Roboter-Bild entscheidend geprägt hat. Mit leichtem Schaudern nehmen wir Nachrichten von neuen Roboter-Entwicklungen zur Kenntnis, vor allem, wenn deren Verhalten oder Aussehen allzu menschlich wirken. Doch wie weit ist die Robotertechnik – auch genannt Robotik – tatsächlich? Wo werden Roboter heute schon eingesetzt und an welchen Visionen orientieren sich Technik und Wissenschaft?

Eine kleine Roboter-Filmgeschichte
Bildnachweis: www.shutterstock.de
 
 

Was ist eigentlich ein Roboter?

Schon heute treten Roboter in so vielen Facetten auf, dass es kaum möglich ist, eine einheitliche Definition zu finden. Man könnte sie zusammenfassend als „Maschinen mit Sensoren, die auf wahrgenommene Dinge reagieren können“ beschreiben.  Die Bezeichnung „Roboter“ leitet sich vom tschechischen „robota“ ab, was so viel heißt wie Fronarbeit oder Knechtschaft –  und tatsächlich werden Roboter gegenwärtig vor allem dort eingesetzt, wo es dem Menschen gefährlich, langweilig oder ungemütlich wird: als Bombenentschärfer, Lastenträger, Erntehelfer, bei komplizierten Operationen, Aufräum- und Fließbandarbeiten oder bei Erkundungen im All und in den Tiefen des Ozeans. So erkundete zum Beispiel der Roboter „Packbot“ der Firma „iRobot“ vor den ersten Menschen nach der Katastrophe von Fukushima das beschädigte Atomkraftwerk.

 

ASIMO

Er sieht Robot aus dem Film „Robot & Frank“ zum Verwechseln ähnlich: ASIMO ist ein humanoider, also ein menschlich wirkender Roboter, dessen erste Version im November 2000 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Seine Entwicklung hatte der japanische Autohersteller Honda bereits 1986 begonnen und er wird stetig weiterentwickelt. Heute ist ASIMO in seiner dritten Generation und kann – fast wie Robot – Händchen haltend mit einem Menschen spazieren gehen, Getränke einschenken und kommunizieren. Während aktuell noch einige dieser Funktionen ferngesteuert werden will sich der Autohersteller in der nächsten Stufe auf die Entwicklung der künstlichen Intelligenz konzentrieren.

 

Roboter für die Unterstützung pflegebedürftiger und pflegender Personen

Während Roboter bislang vor allem in der Industrie und Wissenschaft eingesetzt wurden, halten sie nach und nach auch Einzug im häuslichen Alltag: Sie können Fensterputzen, Staubsaugen, Bodenwischen, Rasenmähen oder Regenrinnen reinigen. Vor allem im Bereich der Pflege ist für manche die Servicerobotik mit Hoffnungen für die Zukunft verbunden. Im Zuge des demografischen Wandels wird alleine in Deutschland bis 2050 der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung auf ein Drittel steigen. Bei einem gleichzeitig sinkenden Anteil von Erwerbstätigen wird mit einem Pflegenotstand gerechnet. Auf verschiedenen Ebenen werden daher technische Assistenzsysteme entwickelt und erprobt, die in der Pflege unterstützend zum Einsatz kommen könnten:

  • Im Rahmen der so genannten „Demografiestrategie” der Bundesregierung, mit der dieser Problematik begegnet werden soll, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Forschungsvorhaben zur „Mensch-Technik-Interaktion“. Dabei geht es allgemein um technische Assistenzsysteme z.B. zur Sturzerkennung oder für den Hausnotruf, aber auch um die Sicherheit und Alltagstauglichkeit von Robotern: Sie müssen einfach zu bedienen, nachgiebig und „feinfühlig“ sein – was für die Technik noch eine große Herausforderung darstellt. Gleichzeitig werden hier aber auch soziale, ethische und psychologische Fragestellungen fokussiert, die nur erforscht werden können, wenn die verschiedenen Fachrichtungen zusammenarbeiten: Wie können Berührungsängste von älteren Menschen, die nicht mit den digitalen Technologien aufgewachsen sind (auch genannt „Digital Immigrants“), abgebaut werden? Oder: Wollen wir Fürsorge tatsächlich der Technik überlassen?
  • Er ist zwar nicht so unterhaltsam wie „Robot“ im Film „Robot & Frank“, soll aber ähnliche Aufgaben übernehmen: Seit über 15 Jahren arbeitet das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) an der Entwicklung eines mobilen Serviceroboters, dem „Care-O-bot®“. Als Butler kann er z.B. typische Haushaltsgegenstände erkennen, greifen und diese auf einem Tablett anbieten. Dabei weicht er Hindernissen selbstständig aus und kann Menschen auch schon erkennen und mit Namen ansprechen. Über seinen Bildschirm kann man mit Freunden oder dem Arzt Kontakt halten. Noch handelt es sich bei dem Roboter um einen Prototypen, der nur für die Forschung genutzt und nicht an Endnutzer verkauft wird. Zukünftig sollen ältere oder behinderte Menschen mit Hilfe solcher oder ähnlicher Roboter länger im eigenen Zuhause leben können.
  • Auch die eigene Bewegungsfreiheit von älteren oder körperlich beeinträchtigen Menschen soll technisch unterstützt werden: von motorisierten Hightec-Prothesen, die Gliedmaßen ersetzen oder Gelähmte wieder mobil machen sollenbis hin zu ganzen Roboteranzügen, die über die Nervenbahnen gesteuert werden und alle Bewegungen motorisiert unterstützen. Besondere Aufmerksamkeit bekam hier eine Entwicklung, an der auch das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) beteiligt war: Über einen Chip, der in das Bewegungszentrum des Gehirns zweier querschnittsgelähmter Probanden implantiert wurde (ein so genanntes „Computer-Brain-Interface“), konnten diese Roboterarme mit ihrer reinen Gedankenkraft steuern.

Nicht nur die Beeinträchtigten selbst, auch das Pflegepersonal soll technische Unterstützung bei der Arbeit erhalten: Der in Japan entwickelte Pflegeroboter Riba II sieht aus wie ein Plastikbär, kann aber bis zu 80 kg schwere Patienten sanft aus dem Krankenbett oder vom Boden in einen Rollstuhl heben. Die Pflegekraft muss dabei nur leicht die Arme des Roboters berühren, um sie in die richtige Position zu bewegen.

 

 
Paro, die Kuschel-Roboter-Robbe
Bildquelle: AIST Japan bereitgestellt von Beziehungen pflegen GmbH

Paro die Kuschel-Roboter-Robbe

In der „Emotionalen Robotik“ wird versucht, unter anderem die positiven Erfahrungen aus der Tiertherapie fruchtbar zu machen. Paro ist der bekannteste therapeutische Roboter: eine niedliche Plüschrobbe, die wie ein Robbenbaby fiepst, auf Berührung und Ansprache mit Augenklimpern oder Flossenwackeln reagiert, vertraute Personen erkennen und lernen kann, auf einen Namen zu hören. Die Robbe wurde bereits in mehreren therapeutischen Einrichtungen mit Demenz-Patient/innen erprobt – mit meist positiven Ergebnissen. Seine niedliche Erscheinung verleitet angeblich dazu, Paro zu streicheln, zu wiegen oder mit ihm zu sprechen, weshalb auch beruhigende, tröstende und gesprächsanregende Effekte beobachtet wurden. Andererseits wirft die Roboterrobbe die grundsätzliche Frage auf, ob Roboter Emotionen vorspielen sollten.